Ich steh ja auf Spielchen. Aber um das gleich ins richtige Licht zu rücken: Gemeint sind Wortspiele, nur um das klar zu stellen.
Es macht mir Spaß, Wörter zu drehen und umzubauen, sie anders zu verwenden, einen Running Gag daraus zu machen. Und ganz besonders spaßig finde ich es, meine Kinder damit zu beglücken. Seit Jahren, beispielsweise, bastel ich schon an einem der wohl längst dauernden Running Gags der Geschichte:
Die große Plusquamperfekt-Verschwörung.
Das funktioniert so: Als die Kinder noch Babies waren, hab ich versucht, beiden das Wörtchen „Plusquamperfekt“ beizubringen. Keine Ahnung, warum es gerade dieses Wort geworden ist. Mir gefällt der Klang, der Rhythmus, die Möglichkeit, es in vier leicht auszusprechende Silben zu zerlegen. Alle paar Wochen habe ich es den Kindern vorgesagt und sie sollten es nachsagen. Das hat ganz gut funktioniert. Beide Burschen können das Wort mittlerweile wunderbar aussprechen, auch der Kleine.
Und ich komm immer wieder darauf zurück. Alle paar Wochen.
Der Clou bei der Sache ist, dass sie beide nicht wissen, was das eigentlich ist. Ich sag es ihnen nicht, oder nicht konkret. Ok, der Große ahnt schon, dass es was mit einer bestimmten Zeit zu tun hat, aber so ganz geheuer ist ihm die Vorvergangeneit noch nicht. Warum ich das mache? Ist doch im Grunde ganz logisch: Irgendwann werden sie beide in der Unterstufe sitzen und die Zeitform mit diesem wohlklingenden Namen im Deutschunterricht durchnehmen. Der Lehrer, oder die Lehrerin, wird die Klasse betreten und sagen: „Heute geht´s um das Plusquamperfekt.“. Und sie werden grinsen und lachen, und die ganze Stunde an mich denken. Leider kann ich da nicht dabei sein, aber die Vorstellung ist einfach schön. Die große Plusquamperfekt-Verschwörung wird dann ihr Ende gefunden haben, sie wird aber sicher gute 12 Jahre gedauert haben (Das war soeben Futur II. Was haben wir Burschen damals pubertär gelacht, als der Lehrer die korrekte Abkürzung dafür an die Tafel geschrieben hat und wir in der Pause ein Auto II daraus gemacht haben…)
Ohne konkretes Ziel ist mir noch eine andere Verballhornung in Erinnerung, die ich aber schon vorher aufklären musste, um meinen Großen nicht in eine unangenehme Lage zu bringen. Ok, so schlimm wäre es auch wieder nicht gewesen, aber es könnte komisch sein, wenn er die Dinge nicht so benennt, wie andere es tun. Das ist ja wohl die grundlegende Funktion jeder Sprache: Einigung bezüglich der Benennung von Dingen.
Wir haben, so wie wohl alle Eltern, einen kleinen Hocker im Badezimmer, auf den sich die Kinder stellen können, um das Waschbecken zu erreichen. Die Bezeichnung Hocker war mir aber zu lapidar. Jeder nennt das Ding bloß Hocker, das ist doch öde für so ein wichtiges Ding für so kleine Wesen. Also nannte ich das Ding in Anlehnung an einen Disney-Film einfach „Hockerpontas“. Er war immer noch ein Hocker, aber jetzt hatte er den ihm zustehenden Namen, er war also sozusagen getauft. Konsequent nannte ich das Ding fortan also immer bei seinem vollen Namen und so tat es dann auch mein Großer, weil er es ja nicht besser wusste.
Ich hab das kleine Wortspiel abgebrochen und das kam so: Hockerpontas war eines Tages verschwunden. Einfach weg, vermutlich temporär verstellt und dort vergessen. An und für sich kein großes Drama, zumindest nicht für einen, der keinen Hockerpontas braucht, um sich die Hände zu waschen, also beispielsweise für mich. Ganz anders für ein Kind. Der E., also mein Großer, damals aber noch kleiner, wurde aufgefordert, sich die Hände zu waschen und machte sich also auf den Weg ins Badezimmer, um sich auf den Hocker zu stellen und das zu erledigen. Doch da war kein Hocker. Grund genug, um in große Hysterie auszubrechen und in einen Heulkrampf zu verfallen. Ich stürze also ins Badezimmer, um dort ein aufgelöstes Kind vorzufinden, dass mir mit verweinten Augen und traurigem Gesicht erklärt: „Der Hockerpontas ist weg!“. Ich konnte nicht anders. Ich hab´s versucht, aber es ging nicht: ich musste lachen.
Da wurde das Drama natürlich noch größer, er verstand nicht, warum ich lachte. Selbstverständlich hab ich sofort, mit Nachdruck, unmittelbar, quasi sofortigstens, den Hocker gesucht, den Buben getröstet, ihm beim Händewaschen geholfen und ihm erklärt, wie das Ding wirklich heißt. Und als kleine Entschuldigung haben wir uns dann Pocahontas angesehen. Danach war die Welt wieder in Ordnung.
Seither mach ich die Wortspielchen mit den Burschen gemeinsam. Wir haben viel Spaß beim Spiel mit der Sprache. Und wir können immer noch herzlich über den Rutschkäfer lachen, den wir gemeinsam erfunden haben:
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